Entwurf des Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes (PUEG) - Weit entfernt von dringend benötigter Pflegereform 
„Der vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte Entwurf des Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes (PUEG) bleibt weit hinter den Erwartungen und tatsächlichen Bedarfen der Praxis zurück“, kritisiert Thore Wintermann, Geschäftsführer der AWO-Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft.
 
Schon vor der Corona-Pandemie war die Situation in den Pflegeheimen angespannt. Die Pandemie hat die Personalnot noch weiter zugespitzt. Inzwischen sei die personelle Decke so dünn, dass jeder Ausfall die Versorgung gefährde, so Thore Wintermann. Der Weg, Personal für die Pflege zu gewinnen und auch zu halten, führe nur über eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einen massiven Ausbau der Ausbildung. 
 
„Schlüssel für verlässliche Dienstpläne, Senkung der Arbeitsdichte und insgesamt eine sachgerechte Pflege ist ausreichend Personal in den Pflegeeinrichtungen. Für den stationären Bereich liegt seit der Pflegereform 2021 die gesetzliche Forderung nach mehr Personal auf dem Tisch. Die Branche macht sich aktuell auf den Weg, in die Umsetzung zu gehen. Vor dem Hintergrund hoher Abbrecherquoten und des generellen Personalmangels stehen die Träger der Pflege vor großen Herausforderungen. Doch auch für die Pflegebedürftigen bedeutet der Personalzuwachs einen weiteren Anstieg der Eigenanteile“, führt Wintermann aus. „Der nun vorgelegte Entwurf des PUEG sieht zwar eine Erhöhung der prozentualen Zuschüsse zu den stationären Eigenanteilen vor. Diese reicht jedoch bei Weitem nicht aus um die bereits durch die Verbesserungen in der Bezahlung und die allgemeinen Preissteigerungen gestiegenen Eigenanteile zu entlasten.“ 
 
Wintermann fordert daher: „Es muss endlich eine echte Deckelung über den sogenannten Sockel-Spitze-Tausch stattfinden. Aber auch die Länder dürfen sich nicht länger aus der Verantwortung ziehen. Sie müssen die Investitionskosten in der vollstationären Pflege übernehmen. Pflege darf nicht länger zur Armutsfalle werden!“
 
Neben der stationären Pflege befindet sich auch die ambulante Versorgung der Pflegebedürftigen im Krisenmodus. Gerade in ländlichen Regionen sinkt der Versorgungsgrad. Ausgebranntes Personal und klamme Refinanzierungen der Pflegekassen stellen Träger und Pflegebedürftige auf die Probe. „Die geplanten Anhebungen des Pflegegeldes und der Sachleistungen sind bei Weitem nicht ausreichend. Es müssten eigentlich jährliche Anpassungen an die tatsächlichen Preissteigerungen vorgesehen werden. Pflegebedürftige können sonst nicht mehr die Leistungen in Anspruch nehmen, die sie benötigen.“, mahnt Thore Wintermann und ergänzt: „Darüber hinaus brauchen pflegende Angehörige endlich eine Lohnersatzleistung, die über die kurzzeitige Pflegezeit hinausgeht.“ 
 
Ein weiteres Thema, das die gesamte Pflegebranche belastet, ist der stark gestiegene Anteil an Leiharbeit in der Pflege. Leiharbeit stellt nicht nur ein immenses finanzielles Problem dar, sie führt auch zu einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für das Stammpersonal. 
 
Thore Wintermann fordert: „Der Gesetzgeber muss hier dringend regulierend eingreifen u.a. mit Preisgrenzen und Höchstquoten. Nur so kann ein Weg zurück in feste Beschäftigungsverhältnisse gefunden werden. Beim Einsatz von Leiharbeit mögen einige bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Sicherlich verdienen auch die Personaldienstleister gut. Die Zeche zahlen aber die Stammbeschäftigten, die Träger und nicht zuletzt auch alle Beitragszahler, weil das System als Ganzes übermäßig finanziell belastet wird.“
 
Man müsse sich bewusstwerden, dass soziale Dienstleistungen elementar für das Zusammenleben der Gesellschaft sind. Ohne Pflege, ohne Kinderbetreuung und ohne all die anderen Angebote im sozialen Bereich, würde der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht funktionieren. Daher fordert Wintermann, endlich die großen Räder der Finanzierung der Pflege anzupacken. „Das Finanzierungsproblem der Pflegeversicherung wurde im PUEG nicht mal mit der Kneifzange angefasst. Solidarische und paritätische Finanzierungsbasis, erheblich höhere Steuerzuschüsse und die vollständige Übernahme der Behandlungspflegekosten durch die Krankenversicherung sind hier die Stichworte. 
 
Es braucht dringend eine grundlegende Finanzreform der Pflegeversicherung. Pflege ist gesamtgesellschaftliche Verantwortung", appelliert Thore Wintermann.